Superintendent Dantine: Tora ist Geschenk des Judentums an das Christentum
Innsbruck
(epdÖ) – Anlässlich des bevorstehenden Tags des Judentums am Freitag,
17. Jänner, haben die Kirchen in Tirol eine Spendenaktion ins Leben
gerufen, mit der die Restaurierung einer Tora-Rolle für die Innsbrucker
Synagoge finanziert werden soll. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag,
14. Jänner, in Innsbruck, haben der evangelisch-lutherische
Superintendent von Salzburg und Tirol, Olivier Dantine, der
römisch-katholische Diözesanbischof Hermann Glettler, Günter Lieder,
Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) für Tirol und
Vorarlberg, sowie Peter Jungmann vom Bischof-Stecher-Gedächtnisverein
die Initiative präsentiert. Offizielles Motto der Aktion lautet:
„Einander zum Segen werden – Tora-Rolle 2021“.
Die Tora sei „nicht
nur Teil der christlichen Bibel, sie ist die wichtigste Grundlage für
die Lehre Jesu. Wer das Neue Testament liest, kann es nur im
Zusammenhang mit den Texten der jüdischen Bibel, allen voran der Tora
verstehen“, erklärte Superintendent Dantine das Anliegen, das hinter dem
Spendenaufruf stehe. Auch wenn Judentum und Christentum die Tora in
unterschiedlicher Weise lesen und verstehen würden: Die Tora sei eine
gemeinsame Grundlage. „Sie weist auf eine Verbundenheit zwischen den
beiden Religionen hin, die in den letzten Jahrzehnten wieder neu
entdeckt wurde.“ Über Jahrhunderte hinweg hätten sich Christinnen und
Christen gegenüber diesem Geschenk respektlos verhalten, spielte Dantine
auf die konfliktreiche historische Beziehung zwischen Christen und
Juden an. Daher erinnerte der Superintendent: „Über den Juden Jesus von
Nazareth ist auch den Christen die Tora gegeben. So sehen wir die Tora
als ein Geschenk des Judentums an das Christentum.“
Glettler: „Jeder Form des Antisemitismus entgegentreten“
Sein
römisch-katholischer Amtskollege, Diözesanbischof Hermann Glettler,
forderte „jeder Form des Antisemitismus, in welcher Fratze er versteckt
oder offen heute wieder auftaucht“ entschieden entgegenzutreten. „Wir
alle haben von Gott den Auftrag erhalten, uns für die Verständigung und
den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft aktiv einzusetzen. Ja, wir
wollen einander zum Segen werden – auch in Zukunft.“ Die Diözese
Innsbruck versuche, die freundschaftlichen Beziehungen zur
Israelitischen Kultusgemeinde, die von Bischof Reinhold Stecher in
dessen Amtszeit von 1981 bis 1997 grundgelegt worden waren, fortzusetzen
und damit „auch unsere eigenen spirituellen Wurzeln als Christen besser
zu verstehen“.
Lieder: „Starkes Symbol für Miteinander von Judentum und Christentum“
Seine
Freude und Dankbarkeit für die Unterstützung aus den Kirchen bei der
Restaurierung der Tora-Rolle sprach IKG-Präsident Günter Lieder aus.
Diese „einzigartige Aktion“ sei „ein starkes Symbol für das (neu)
gewonnene Miteinander von Judentum und Christentum“. Die Tora, als
zentraler Text der jüdischen Bibel, könne „für den Hausgebrauch“ zwar in
gedruckter Form verwendet werden, die liturgische Ordnung jedoch sehe
eine auf Pergament von Hand geschriebene koschere Ausgabe vor, erklärte
Lieder die Besonderheit der Rolle.
Wie Bischof Glettler nahm auch
Peter Jungmann, Obmann des Bischof-Stecher-Gedächtnisvereins Bezug auf
das Erbe von dessen 2013 verstorbenen Amtsvorgänger: „1989 begründet
Stecher das christlich-jüdische Komitee in der Absicht ‚überkommene
Schranken abzubauen, sich verstärkt der Gemeinsamkeiten klar zu werden
und Wege zueinander zu ebnen‘“, zitierte Jungmann den früheren Bischof,
der auch den Bau einer neuen Synagoge in der Innsbrucker Sillgasse
unterstützt hatte. Sie hatte im März 2018 ihr 25-jähriges Bestehen
gefeiert.
Der Tag des Judentums am 17. Jänner erinnert alljährlich an die Verbundenheit von Christen und Juden. In Innsbruck werden die entsprechenden Feierlichkeiten heuer bereits am Donnerstag, 16. Jänner, begangen. Bei der Veranstaltung im Innsbrucker „Haus der Begegnung“ (19 Uhr) läuten Glettler und Dantine die Spendenaktion „Einander zum Segen werden – Tora-Rolle 2021“ offiziell ein.
Kollekte am 11. Oktober fließt in Tora-Projekt
Die
evangelischen Gemeinden in Tirol werden zusätzlich zur Verbreitung des
Spendenaufrufs am Sonntag, 11. Oktober 2020, die Kollekte des
Gottesdienstes dieser Aktion widmen. Der 11. Oktober fällt in diesem
Jahr mit dem jüdischen Fest „Simchat Tora“ – dem Torafreudenfest
zusammen.
Kontonummer für Spenden: AT18 3600 0003 0056 3650, KW: Tora-Rolle 2021